Sonntag, 7. August 2016

Wohnungssuche in London

Ihr habt das erste Jahr in UCL-Wohnheimen überstanden? Glückwunsch! Das lässt allerdings immer noch die Frage offen, wo ihr im zweiten Jahr unterkommen sollt. In London funktioniert das mit der Wohnungssuche sehr, SEHR anders als in Deutschland; daran musste ich mich erstmal gewöhnen.

Grob gesagt habt ihr diverse Möglichkeiten:

1) Euch hat es im UCL-Wohnheim so gut gefallen, dass ihr direkt noch ein zweites Jahr bleiben wollt. Entweder liebt ihr es, euch mit wildfremden, mehr oder weniger ordentlichen und sauberen Personen eine Wohnung zu teilen, oder ihr könnt nicht genug von dem tollen Essen bekommen (immer alles frittiert, und davon reichlich). Wie dem auch sei, es gibt die Möglichkeit, sich auch im zweiten Jahr um einen Wohnheimplatz zu bewerben. Diese Bewerbung wird allerdings nur dann berücksichtigt, wenn alle Erstis untergebracht und trotzdem noch Plätze zu vergeben sind. Die Chancen, dass das klappt, sind also entsprechend gering. In eurer Bewerbung müsst ihr begründen, warum ihr noch für ein zweites Jahr einen Wohnplatz erhalten solltet. Weiß der Teufel, was genau als Grund ausreichend würde - für mich hat das jedenfalls nicht geklappt und ich musste mich nach einer anderen Möglichkeit umschauen.

1b) In den meisten Wohnheimen gibt es eine Art studentisches Komittee, welches für das Wohnheim Freizeitaktivitäten organisiert und für alle eure Belange Ansprechpartner ist. Wer sich so engagiert, bekommt häufig auch in seinem zweiten Jahr einen Platz.

2) Privates Wohnheim. Die UCL veröffentlicht jedes Jahr eine Liste mit Wohnheimen privater Träger, für die man sich entweder ebenfalls bewerben muss oder aber einfach einen Platz buchen kann. Eine gute Lösung für diejenigen, die nicht auch noch ein zweites Jahr die horrenden Preise der UCL-Wohnheime zahlen können, denn viele dieser privaten Wohnheime sind erheblich billiger. Mietpreise kann man in aller Regel auf der Internetseite einsehen. Daran habe ich eine Vorauswahl getroffen und habe mir anschließend meine Favoriten angeschaut. Geworden ist es schließlich ein Wohnheim im Norden Londons, bei dem man einfach durch Zahlung der Kaution für ein Jahr einen Platz buchen konnte. Für mich war das eine gute Lösung, weil ich mich nicht getraut hätte, mich mit einem privaten Vermieter rumzuschlagen (und Mieter in England nicht besonders viele Rechte zu haben scheinen), ich wusste, wo ich das ganze Jahr über leben würde, und der Vertrag eine Laufzeit von 40 Wochen hatte - also konnte ich einfach gehen, sobald die Prüfungen vorbei waren, ohne den Sommer über auf horrenden Mietkosten zu sitzen oder den Vermieter anbetteln zu müssen, dass er einen Untermieter akzeptiert.
Für zwei weitere Wohnheime habe ich mich auch "beworben" - eines hatte aufgrund großer Nachfrage (weil es für Londoner Verhältnisse wirklich spottbillig war) eine lange Warteliste, und das andere war, nun ja, einfach merkwürdig und wollte ein persönliches Gespräch führen, um mich kennen zu lernen - meine Nachfrage, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn ich meine zukünftigen Mitbewohner kennen lerne, statt den Hausbesitzer, der sowieso nicht da ist, konnte man nicht beantworten. Außerdem sollte ich Kaution zahlen, eine Bürgschaft meiner Eltern vorlegen und (weil ich ja aus dem Ausland komme) die Miete für ein Jahr im Voraus zahlen. Warum und wofür meine Eltern dann noch bürgen sollten - wer weiß ;)

3) Wohnungssuche auf dem freien Markt. In London ist es tatsächlich üblich, etwa eine Woche vor dem gewünschten Umzugstermin eine neue Bleibe zu suchen. Freunde von mir sollten am 13. Juni umziehen und haben am 1. Juni eine Wohnung besichtigt - um sich anzuhören, sie seien doch viel zu früh dran. An diesen Gedanken konnte ich mich überhaupt nicht gewöhnen: Einfach Mitte September wieder nach London zu kommen, ohne eine Ahnung zu haben, wo ich unterkommen würde.
Auf jeden Fall muss man für die Suche vor Ort sein. Besichtigungstermine werden sehr schnell vereinbart, und offenbar ist es auch keine Seltenheit, dass eine Vertragsschließung per Handschlag erfolgt - eine Wohnung habe ich mit Freunden angeschaut, und hätte wir sie haben wollen, hätten wir noch am selben Abend (es war 20 Uhr) pro Person eine Kaution von £200 überweisen sollen. Ohne ein Schriftstück in der Hand zuhaben. Und solche Aktionen müssen offenbar nicht mal zwangsläufig Betrug sein; ich habe von mehreren Personen gehört, die derartig unter Druck gesetzt wurden, aber am Ende wenigstens die Wohnung hatten.
Außerdem muss man sehr genau darauf achten, was in Verträgen steht. Offenbar können Vermieter einfach alles vorschreiben, wie es ihnen gerade beliebt - so kann man auch mal für einen Übernachtungsgast £100 pro Nacht zahlen. Das Schlimme ist, dass Vermieter trotz derartiger Konditionen trotzdem immer noch eine verzweifelte Person finden werden, die die Wohnung trotzdem mietet. Versucht einfach, euch so viele Wohnungen wie möglich anzuschauen, um ein bisschen Auswahl zu haben - und nicht aus Not so etwas akzeptieren zu müssen.
Es hilft außerdem sehr, in einer Gruppe von drei oder vier Personen eine Wohnung zu suchen. Dass man als Einzelperson in eine schon bestehende WG einzieht, kommt so gut wie gar nicht vor. Die meisten Mietverträge laufen ein Jahr, und danach sucht sich entweder die ganze Gruppe eine neue Wohnung oder verlängert den Vertrag. Das ist natürlich sehr viel angenehmer, als alleine in eine schon bestehende Gruppe zu kommen...

Viel mehr lässt sich dazu eigentlich nicht sagen, außer: Viel Glück!